Die Evangelisch-methodistische Kirche in Oberschöneweide feiert 2007 ihr hunderjähriges Bestehen.
Von Wolfgang Jockusch
Als evangelische Freikirche haben sich die Methodisten im 18. Jahrhundert aus der anglikanischen Kirche heraus in England und in den USA entwickelt. Damals ging es vor allem darum, das Leben in der Kirche in Kleingruppenarbeit zu beleben: Menschen trafen sich meistens in privaten Häusern zum gemeinsamen Austausch und Gebet, entwickelten gegenseitige Verantwortung bei den unterschiedlichen Dingen des Lebens. Von Außenstehenden wurden sie wegen ihres engagierten geistlichen Lebens als „Methodisten“ bespöttelt – ein Name, den heute eine Tradition mit weltweit rund 70 Millionen Mitgliedern trägt.
Die Arbeit der Kirche in Oberschöneweide begann im November 1907 nicht anders. In einer Privatwohnung der Nalepastraße 51 fand mit acht Personen eine erste Bibelstunde statt. Zu Weihnachten gab es bereits eine Sonntagsschule für Kinder. „Aus den Bemühungen mit den Kindern ist die Gemeinde hervorgegangen,“ schrieb der damalige Pastor Fr. Keßler, der die kleine Gruppe von Friedrichshain aus begleitete. Im folgenden Jahr wird ein weiterer Raum im selben Haus dazugemietet und ein Gesangverein gegründet. Das schnelle Wachstum und die engen Verhältnisse in der Nalepastraße riefen bereits 1910 die Baupolizei auf den Plan.
Nachdem die Gemeinde 1924 selbständig geworden war und der Platz auch nach weiteren Erweiterungen für 100 Personen nicht mehr reichte, wurde 1927 die Friedenskirche in der Helmholtzstraße eingeweiht, in der die Gemeinde heute noch ihre Gottesdienste feiert. Damit feiert die Kirche 2007 ein Doppeljubiläum: Hundert Jahre als Gemeinde und achtzig Jahre in der Friedenskirche.
Die Evangelisch-methodistische Kirche hat ihren festen Platz in Oberschöneweide und arbeitet eng mit den anderen christlichen Kirchen zusammen. Auf weltweiter und auf nationaler Ebene pflegt die Kirche gute Beziehungen zu den anderen, insbesondere zur römisch-katholischen und zur evangelischen Kirche. So sind die Methodisten zum Beispiel Mitunterzeichner der vor einigen Jahren in den Medien viel besprochenen gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre. Mit der Evangelischen Kirche in Deutschland besteht darüber hinaus eine Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft: methodistische Pastoren können Gottesdienste in den Landeskirchen halten und umgekehrt.
Was so im Großen erreicht wurde, kann die Friedenskirche vor Ort im Kleinen umsetzen. Pastoren und ehrenamtliche Mitarbeiter engagieren sich traditionell in der lokalen Ökumene. Gemeinsame Veranstaltungen zu besonderen Anlässen, etwa dem Buß- und Bettag, oder langfristige Engagements wie das Sozialprojekt „Laib und Seele“ bieten hier ein breites Spektrum. Die unmittelbare Nachbarschaft zur baptistischen Gemeinde (einer weiteren evangelischen Freikirche) begünstigt eine besonders enge Kooperation insbesondere in der Arbeit mit Jugendlichen. Während der Sommerferien halten beide Gemeinden seit einigen Jahren ihre Gottesdienste als „Sommerkirche“ gemeinsam ab – immer abwechselnd in baptistischer bzw. methodistischer Ordnung.
Wer zum ersten Mal in einen methodistischen Gottesdienst kommt, wird viele Gemeinsamkeiten mit anderen Kirchen feststellen. Es gibt aber auch Unterschiede, die vielfach auch von den Bedingungen vor Ort abhängig sind. Musik und Gesang spielen traditionell eine große Rolle im methodistischen Gottesdienst. Besonders wichtig ist vielen das (für kleinere Freikirchen wohl typische) persönliche Element. Man feiert nicht nur miteinander den Gottesdienst, sondern geht auch aufeinander zu, nimmt sich Zeit für ein Gespräch bei einer Tasse Kaffee, und lernt sich insgesamt besser kennen. Damit gewinnt das Leben der Gemeinde einen beinahe familiären Charakter, ohne dabei exklusiv zu werden. Das Motto der der weltweiten Evangelisch-methodistischen Kirche: „Offene Herzen, offenes Denken, offene Türen“ gilt auch und besonders in Oberschöneweide.